§ 89 BauGB. Veräußerungspflicht

Baugesetzbuch (BauGB) vom 23. Juni 1960
[1. Januar 1977–1. Juli 1987]
1§ 89. Veräußerungspflicht der Gemeinde.
(1) [1] Sind Grundstücke zur Vorbereitung der baulichen Nutzung oder, um sie der baulichen Nutzung zuzuführen, zugunsten der Gemeinde ohne Hergabe von entsprechendem Austauschland, Ersatzland oder ohne Begründung von Rechten der in § 101 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Art enteignet oder aufgrund eines Übernahmeverlangens erworben worden, ist die Gemeinde verpflichtet, die Grundstücke zu veräußern, sobald der mit dem Erwerb des Grundstücks verfolgte Zweck verwirklicht werden kann. [2] Von dieser Verpflichtung sind Grundstücke ausgenommen, die für öffentliche Zwecke oder für beabsichtigte städtebauliche Maßnahmen als Austauschland oder zur Entschädigung in Land benötigt werden.
(2) [1] Die Grundstücke sind nach Maßgabe der Ziele und Zwecke des Bebauungsplans unter Berücksichtigung weiter Kreise der Bevölkerung an Bauwillige zu veräußern, die glaubhaft machen, daß sie die Grundstücke innerhalb angemessener Frist entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans, seinen Zielen und Zwecken nutzen werden. [2] Dabei sind zunächst die früheren Eigentümer zu berücksichtigen, und zwar in erster Linie diejenigen, denen kein sonstiges Grundeigentum oder nur Grundeigentum in geringem Umfang gehört.
(3) [1] Die Gemeinde hat ihre Verpflichtung nach den Absätzen 1 und 2 gegenüber den zu berücksichtigenden Personen in der Weise zu erfüllen, daß sie
  • 1. ihnen Eigentum an den Grundstücken überträgt oder ihnen einen Anspruch auf Erwerb von Grundstücken verschafft oder
  • 2. für sie Erbbaurechte oder Rechte nach dem Wohnungseigentumsgesetz begründet oder ihnen einen Anspruch auf Erwerb solcher Rechte verschafft oder
  • 3. für sie sonstige dingliche Rechte begründet oder ihnen einen Anspruch auf Erwerb solcher Rechte verschafft oder
  • 4. das Eigentum auf eine juristische Person überträgt, an der sie als Gesellschafter oder Mitglieder überwiegend beteiligt sind, oder
  • 5. das Eigentum auf einen Immobilienfonds im Sinne des § 25 Abs. 5 des Städtebauförderungsgesetzes mit der Maßgabe überträgt, daß dieser ihnen Anteile anbietet.
[2] Den Wünschen der nach Absatz 2 zu berücksichtigenden Personen ist in der Weise Rechnung zu tragen, daß Rechten nach einer vorangehenden Nummer in Satz 1 der Vorzug vor den in den nachfolgenden Nummern genannten Rechten zu geben ist. [3] Kann die Gemeinde den Wünschen der Bewerber auf Zuteilung von Rechten nach Satz 1 Nr. 1 und 2 nach der Zahl der zur Verfügung stehenden Grundstücke nicht entsprechen, so hat die Gemeinde die Auswahl unter Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte zu treffen. [4] Reicht die Zahl der zur Verfügung stehenden Grundstücke nicht aus, die Wünsche nach Gewährung von Rechten nach Satz 1 Nr. 1 und 2 voll zu berücksichtigen, so soll die Gemeinde unter diesen Rechten die Rechtsform wählen, bei der eine größere Zahl von zu berücksichtigenden Personen bedacht werden kann. [5] Die Gemeinde kann von der sich aus den Sätzen 2 bis 4 ergebenden Rechtsform abweichen, wenn die Durchführung des Bebauungsplans dies erforderlich macht. [6] Sollen nach den vorstehenden Grundsätzen Erbbaurechte für reine Wohnnutzung begründet werden, so soll die Gemeinde, wenn die Beteiligten nicht eine kürzere Dauer wünschen, die Erbbaurechte auf die Dauer von neunundneunzig Jahren begründen; bei Vorliegen besonderer Gründe kann die Begründung auch für eine kürzere Zeitdauer, in der Regel jedoch für nicht weniger als fünfundsiebzig Jahre erfolgen.
(4) [1] Soweit Grundstücke oder Rechte nach Absatz 3 für eine Veräußerung zur Verfügung stehen, haben die in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Personen einen Anspruch nur auf den Erwerb oder die Verschaffung von Grundeigentum oder Rechten in Höhe des Bodenwerts des hergegebenen Grundstücks. [2] Soweit der Bodenwert des hergegebenen Grundstücks dies nicht ermöglicht, das hergegebene Grundstück nach seiner Beschaffenheit für eine bauliche Nutzung jedoch in Betracht kam, soll den in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Personen der Erwerb oder die Verschaffung eines Grundstücks oder eines Rechts nach Absatz 3 ermöglicht werden.
(5) [1] Die Gemeinde kann Grundstücke oder Rechte nach Absatz 3 anderen als den in Absatz 2 bezeichneten Personen anbieten, wenn dies zur Erreichung der mit dem Bebauungsplan und den Sozialplänen verfolgten Ziele und Zwecke erforderlich ist. [2] Kann die Gemeinde dadurch ihre Verpflichtungen gegenüber den in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Personen nicht erfüllen, hat sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür zu sorgen, daß diesen Personen andere Grundstücke oder Rechte nach Maßgabe des Absatzes 3 angeboten werden.
Anmerkungen:
1. 1. Januar 1977: Artt. 1 Nr. 51, 6 S. 1 des Gesetzes vom 18. August 1976.