§ 104 GewO
Gewerbeordnung für [das Deutsche Reich] vom 21. Juni 1869
[5. August 1881–1. April 1898]
1§ 104.
(1) Die Innungen unterliegen der Aufsicht der Gemeindebehörde.
(2) Für Innungen, welche ihren Sitz nicht innerhalb eines Stadtbezirks haben, oder welche mehrere Gemeindebezirke umfassen, wird von der höheren Verwaltungsbehörde, für Innungen, welche sich in die Bezirke mehrerer höherer Verwaltungsbehörden erstrecken, von der Zentralbehörde die Aufsichtsbehörde bestimmt.
(3) Die Aufsichtsbehörde überwacht die Befolgung der gesetzlichen und statutarischen Vorschriften und kann dieselben durch Androhung, Festsetzung und Vollstreckung von Ordnungsstrafen gegen die Inhaber der Innungsämter, gegen die Innungsmitglieder und gegen deren Gesellen, soweit diese an den Geschäften der Innung theilnehmen, erzwingen.
(4) Sie entscheidet Streitigkeiten über die Aufnahme und Ausschließung der Mitglieder, über die Wahlen zu den Innungsämtern, sowie unbeschadet der Rechte Dritter über die Rechte und Pflichten der Inhaber dieser Ämter.
(5) [1] Sie hat das Recht, einen Vertreter zu den Prüfungen zu entsenden. [2] Sie beruft und leitet die Innungsversammlung, wenn der Innungsvorstand dieselbe zu berufen sich weigert.
(6) Über Abänderungen des Innungsstatuts oder der Nebenstatuten (§ 98c) und über die Auflösung der Innung kann von der Innungsversammlung nur im Beisein eines Vertreters der Aufsichtsbehörde beschlossen werden.
(7) [1] Gegen die Anordnungen und Entscheidungen der Aufsichtsbehörde ist die Beschwerde an die nächstvorgesetzte Behörde zulässig. [2] Dieselbe ist binnen einer präklusivischen Frist von vier Wochen bei der Aufsichtsbehörde einzubringen.
(8) Die vorstehenden Bestimmungen finden auf die Beaufsichtigung der Innungsausschüsse entsprechende Anwendung.
- Anmerkungen:
- 1. 5. August 1881: Art. 1 des Gesetzes vom 18. Juli 1881, Art. 2 S. 3 der Verfassung des Deutschen Reichs vom 16. April 1871, Bundes-Gesetzblatt 1871 Nummer 16 vom 20. April 1871 Seite 63-85.