§ 10a KWG. Ermittlung der Eigenmittelausstattung von Institutsgruppen, Finanzholding-Gruppen und gemischten Finanzholding-Gruppen; Verordnungsermächtigung

Gesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz - KWG) vom 10. Juli 1961
L 334 vom 27.12.2019, S. 155).} vom 25. Juni 2021, Bundesgesetzblatt Teil I 2021 Nummer 37 vom 30. Juni 2021 Seite 2083-2098
[31. Dezember 1995–29. Oktober 1997]
1§ 10a. Eigenkapitalausstattung von Kreditinstitutsgruppen und Finanzholding-Gruppen.
(1) [1] Die Unternehmen einer Kreditinstitutsgruppe oder einer Finanzholding-Gruppe (gruppenangehörige Unternehmen) müssen insgesamt ein angemessenes haftendes Eigenkapital haben. [2] § 10 über die Eigenkapitalausstattung einzelner Kreditinstitute gilt entsprechend.
(2) [1] Eine Kreditinstitutsgruppe im Sinne dieser Vorschrift besteht, wenn ein Kreditinstitut (übergeordnetes Kreditinstitut) mit Sitz im Inland an einem anderen Kreditinstitut, einem Finanzinstitut oder einem Unternehmen mit bankbezogenen Hilfsdiensten mit Sitz im Inland oder Ausland mindestens 40 vom Hundert der Kapitalanteile unmittelbar oder mittelbar hält (erhebliche Beteiligung) oder diese Unternehmen Tochterunternehmen sind (nachgeordnete Unternehmen). [2] Sind einem Kreditinstitut ausschließlich Unternehmen mit bankbezogenen Hilfsdiensten nachgeordnet, so besteht keine Kreditinstitutsgruppe.
(3) [1] Eine Finanzholding-Gruppe im Sinne dieser Vorschrift besteht, wenn einer Finanzholding-Gesellschaft mit Sitz im Inland Unternehmen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 nachgeordnet sind, von denen mindestens ein Kreditinstitut mit Sitz im Inland als Tochterunternehmen nachgeordnet ist, es sei denn, die Finanzholding-Gesellschaft ist ihrerseits
  • 1. einem Kreditinstitut oder einer Finanzholding-Gesellschaft mit Sitz im Inland als Tochterunternehmen nachgeordnet oder
  • 2. einem Kreditinstitut mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft, das Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegennimmt und das Kreditgeschäft betreibt, als Tochterunternehmen nachgeordnet.
[2] Hat die Finanzholding-Gesellschaft ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft, so besteht vorbehaltlich des Satzes 1 Nr. 1 und 2 eine Finanzholding-Gruppe, wenn
  • 1. der Finanzholding-Gesellschaft mindestens ein Kreditinstitut mit Sitz im Inland als Tochterunternehmen und kein Kreditinstitut mit Sitz in ihrem Sitzstaat, das Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegennimmt und das Kreditgeschäft betreibt, als Tochterunternehmen nachgeordnet ist und
  • 2. das Kreditinstitut mit Sitz im Inland eine höhere Bilanzsumme hat als jedes andere der Finanzholding-Gesellschaft als Tochterunternehmen nachgeordnete Kreditinstitut mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft, das Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegennimmt und das Kreditgeschäft betreibt, oder bei gleich hoher Bilanzsumme zuerst die Zulassung erhalten hat.
[3] Bei einer Finanzholding-Gruppe gilt als übergeordnetes Kreditinstitut dasjenige gruppenangehörige Kreditinstitut mit Sitz im Inland, das selbst keinem anderen gruppenangehörigen Kreditinstitut mit Sitz im Inland nachgeordnet ist; erfüllen mehrere Kreditinstitute mit Sitz im Inland die Voraussetzungen des ersten Halbsatzes, so gilt dasjenige von ihnen als übergeordnetes Kreditinstitut, das die höchste Bilanzsumme hat oder, bei gleich hoher Bilanzsumme, zuerst seine Zulassung erhalten hat.
(4) [1] Als nachgeordnete Unternehmen einer Kreditinstitutsgruppe oder einer Finanzholding-Gruppe gelten auch Kreditinstitute, Finanzinstitute oder Unternehmen mit bankbezogenen Hilfsdiensten mit Sitz im Inland oder Ausland, wenn ein gruppenangehöriges Unternehmen an einem solchen Unternehmen mindestens 20 vom Hundert der Kapitalanteile unmittelbar oder mittelbar hält, es gemeinsam mit anderen nicht gruppenangehörigen Unternehmen leitet und für die Verbindlichkeiten dieses Unternehmens nach Maßgabe seines Kapitalanteils beschränkt haftet. [2] Kapitalanteilen stehen Stimmrechte gleich. [3] § 16 Abs. 2 und 3 des Aktiengesetzes gilt entsprechend. [4] Kapitalanlagegesellschaften gelten nicht als nachgeordnete Unternehmen.
(5) [1] Zur Ermittlung einer erheblichen Beteiligung sind unmittelbar oder mittelbar gehaltene Kapitalanteile sowie Kapitalanteile, die einem anderen für Rechnung eines gruppenangehörigen Unternehmens gehören, zusammenzurechnen; mittelbar gehaltene Kapitalanteile bleiben hierbei außer Betracht, wenn sie durch ein Unternehmen vermittelt werden, an dem das übergeordnete Kreditinstitut oder die Finanzholding-Gesellschaft weniger als 40 vom Hundert der Kapitalanteile unmittelbar hält; dies gilt entsprechend für mittelbar gehaltene Kapitalanteile, die durch mehr als ein Unternehmen vermittelt werden. [2] Kapitalanteilen stehen Stimmrechte gleich. [3] § 16 Abs. 2 und 3 des Aktiengesetzes gilt entsprechend.
(6) [1] Ob gruppenangehörige Unternehmen insgesamt ein angemessenes haftendes Eigenkapital haben, ist anhand einer Zusammenfassung ihres haftenden Eigenkapitals einschließlich der Anteile anderer Gesellschafter und der weiteren im Rahmen der Grundsätze nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 maßgeblichen Posten zu beurteilen; bei gruppenangehörigen Unternehmen gelten als haftendes Eigenkapital die Bestandteile, die den nach § 10 anerkannten Bestandteilen entsprechen. [2] Für die Zusammenfassung hat das übergeordnete Kreditinstitut seine maßgeblichen Posten mit denen der anderen gruppenangehörigen Unternehmen zusammenzufassen. [3] Von dem gemäß Satz 2 zusammenzufassenden haftenden Eigenkapital sind abzuziehen die bei dem übergeordneten Kreditinstitut und den anderen gruppenangehörigen Unternehmen ausgewiesenen, auf die gruppenangehörigen Unternehmen entfallenden Buchwerte der Kapitalanteile, der Vermögenseinlagen stiller Gesellschafter nach § 10 Abs. 4 Satz 1, des Genußrechtskapitals nach § 10 Abs. 5 Satz 1 und der nachrangigen Verbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5a Satz 1 sowie die bei dem übergeordneten Kreditinstitut oder einem anderen gruppenangehörigen Unternehmen berücksichtigten nicht realisierten Reserven nach § 10 Abs. 4a Satz 1 Nr. 4, soweit sie auf die gruppenangehörigen Unternehmen entfallen, und zwar die Kapitalanteile und Vermögenseinlagen stiller Gesellschafter vom Kernkapital, die nachrangigen Verbindlichkeiten von den ergänzenden Eigenkapitalbestandteilen des § 10 Abs. 6b Satz 2, das Genußrechtskapital und die nicht realisierten Reserven von der Summe der ergänzenden Eigenkapitalbestandteile des § 10 Abs. 6b Satz 1, jeweils vor der in diesen Bestimmungen vorgesehenen Kappung; bei Beteiligungen, die über nicht gruppenangehörige Unternehmen vermittelt werden, sind solche Buchwerte und nicht realisierten Reserven jeweils quotal in Höhe desjenigen Anteils abzuziehen, welcher der durchgerechneten Kapitalbeteiligung entspricht. [4] Ist der Buchwert einer Beteiligung höher als das anteilige Kapital und die anteiligen Rücklagen des nachgeordneten Unternehmens, so hat das übergeordnete Kreditinstitut den Unterschiedsbetrag, wie er sich bei erstmaliger Einbeziehung der Beteiligung in die Zusammenfassung ergibt (aktivischer Unterschiedsbetrag), mit haftendem Eigenkapital zu unterlegen. [5] Zu diesem Zweck hat das übergeordnete Kreditinstitut den aktivischen Unterschiedsbetrag in die folgenden Komponenten zu zerlegen:
  • a) den Betrag, der durch nicht realisierte Reserven des nachgeordneten Unternehmens gedeckt ist, die nach § 10 Abs. 4a Satz 1 Nr. 4 als haftendes Eigenkapital berücksichtigungsfähig sind,
  • 2b) den Betrag, der durch sonstige nicht realisierte Reserven des nachgeordneten Unternehmens gedeckt ist[,] und
  • c) den Restbetrag (Geschäfts- oder Firmenwert).
[6] Der Geschäfts- oder Firmenwert ist vom Kernkapital der Gruppe abzuziehen. [7] Die Beträge nach den Buchstaben a und b sind nach Maßgabe des Satzes 8 und vorbehaltlich des Satzes 9 mit haftendem Eigenkapital abzudecken, das bei der Beurteilung der Angemessenheit des haftenden Eigenkapitals der Gruppe nach § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 10a Abs. 1 Satz 1 nicht berücksichtigt werden darf. [8] Dieses muß beim Betrag nach Buchstabe b mindestens zur Hälfte aus Kernkapital bestehen; beim Betrag nach Buchstabe a kann die Unterlegung auch in voller Höhe mit dem Teilbetrag der ergänzenden Eigenmittel erfolgen, der gemäß § 10 Abs. 6b Satz 1 oder 2 nicht als haftendes Eigenkapital zu berücksichtigen ist. [9] Dabei können die Beträge nach den Buchstaben a und b mit einem jährlich um mindestens ein Zehntel abnehmenden Betrag wie eine Beteiligung an einem gruppenfremden Unternehmen behandelt werden; die nach § 10 Abs. 4a Satz 1 Nr. 4 berücksichtigungsfähigen nicht realisierten Reserven des nachgeordneten Unternehmens sind bei der Berechnung der konsolidierten Eigenmittel nur insoweit anzurechnen, als sie den Teil des Betrages nach Buchstabe a, der nach Maßgabe des Teilsatzes 1 wie eine Beteiligung an einem gruppenfremden Unternehmen behandelt werden kann, übersteigen. [10] Die nicht in die Verrechnung nach Satz 3 eingehenden sonstigen für die Berechnung der Grundsätze nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 maßgeblichen Posten, die sich aus Rechtsverhältnissen zwischen gruppenangehörigen Unternehmen ergeben, sind wegzulassen. [11] Das Bundesministerium der Finanzen kann im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank durch Rechtsverordnung ergänzende Vorschriften erlassen.
(7) Bei nachgeordneten Unternehmen, die keine Tochterunternehmen sind, hat das übergeordnete Kreditinstitut, insofern abweichend von Absatz 6, sein haftendes Eigenkapital und die weiteren im Rahmen der Grundsätze nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 maßgeblichen Posten mit dem haftenden Eigenkapital und den weiteren maßgeblichen Posten der nachgeordneten Unternehmen jeweils quotal in Höhe desjenigen Anteils zusammenzufassen, der seiner Kapitalbeteiligung an dem nachgeordneten Unternehmen entspricht.
(8) [1] Das übergeordnete Kreditinstitut ist für eine angemessene Eigenkapitalausstattung der Kreditinstitutsgruppe oder Finanzholding-Gruppe (Gruppe) verantwortlich. [2] Es darf jedoch zur Erfüllung seiner Verpflichtungen nach Satz 1 auf gruppenangehörige Unternehmen nur einwirken, soweit dem das allgemein geltende Gesellschaftsrecht nicht entgegensteht. [3] § 10 Abs. 1 Satz 4 gilt entsprechend.
(9) [1] Die gruppenangehörigen Unternehmen haben zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Aufbereitung und Weiterleitung der für die Zusammenfassung gemäß den Absätzen 6 und 7 erforderlichen Angaben eine ordnungsgemäße Organisation und angemessene interne Kontrollverfahren einzurichten. [2] Die nachgeordneten Unternehmen sowie die Finanzholding-Gesellschaft sind verpflichtet, dem übergeordneten Kreditinstitut die für die Zusammenfassung erforderlichen Angaben zu übermitteln. [3] Kann ein übergeordnetes Kreditinstitut für einzelne gruppenangehörige Unternehmen die erforderlichen Angaben nicht beschaffen, so sind die auf das gruppenangehörige Unternehmen entfallenden, in Absatz 6 Satz 3 genannten Buchwerte vom haftenden Eigenkapital des übergeordneten Kreditinstituts abzuziehen.
(10) Die Absätze 1 und 6 bis 8 gelten nicht für übergeordnete Kreditinstitute, die selbst einem Kreditinstitut mit Sitz im Inland nachgeordnet sind, es sei denn, es handelt sich um wechselseitig beteiligte Kreditinstitute oder um Kreditinstitute, an denen übergeordnete Kreditinstitute weniger als 75 vom Hundert der Kapitalanteile halten.
Anmerkungen:
1. 31. Dezember 1995: Artt. 1 Nr. 9, 4 des Gesetzes vom 28. September 1994.
2. 31. Dezember 1995: Artt. 3, 4 des Gesetzes vom 28. September 1994, Bekanntmachung vom 22. Januar 1996.